Die Cours d’amour der Troubadourzeit – wer weiss ob auch auf der Mörsburg?

Um 1218 heirateten Hermann IV. von Kyburg und Margarethe von Savoyen. Auf der Mörsburg zeugt die Kapelle bis heute vom Einfluss aus dem kulturellen Raum Savoyen und der Provence – wo Margarethes Schwester Beatrice eine einflussreiche Mäzenin der Künste war.

Das ritterliche Mittelalter räumte der Frau ausdrücklich eine kulturelle Rolle im gesellschaftlichen Leben ein. Das Ansehen der Frau, meist einer adeligen, deren Gatte an den Kreuzfahrten teilnahm und ihr das Verfügungsrecht über den gemeinsamen Besitz übertragen hatte, gewann im 11. Jahrhundert zunehmend an Bedeutung. Die ritterliche Minneethik, der wachsende Marienkult und die damit verbundene Verehrung einer hochgestellten Dame führten zur Entfaltung eier veränderten Sichtweise der Frau und der Liebe. Den wohl glanzvollsten Niederschlag dieser Neubewertung bilden die „Cours d’amour“ der Troubadourzeit in Südfrankreich, die eine gelungene Symbiose der Ethik des Rittertums und der provenzalischen Dichtung darstellen und zu den Wurzeln der späteren Konversationskunst und -kultur zählen.

Ethik und Kultur des Rittertums basieren auf einem dem Krieg geweihten Leben, in dem die körperliche wie geistige Heldentat als höchste Vollendung des Mannes gilt. Verbindliche Tugenden dieses Ritterkodex sind Lehenstreue, Mut und Verteidigung der Ehre. Die Ritterkultur ist somit eine ausgesprochene Männerkultur, ein wesentlicher Bestandteil der Minnedienst. Diese Verehrung einer Edelfrau trägt kultische Züge, die Frau wird dabei zum Objekt liebevollen Gedenkens erhoben, ohne dass ihr eine eigene agierende Rolle eingeräumt wird. In der Liebeslyrik der Troubadouren hingegen ist die Frau nicht allein Objekt, sondern auch Agens und Publikum des Geschehens, der Werbung und ihrer Folgen. Sie stiftet und stimuliert die Minne und die aus ihr entstehende Dichtung.

Dieser Verknüpfung verdankt sich die Entstehung der „Cours d’amour“, bei denen stets eine Dame den Vorsitz hatte. Sie trat dort als „Lehnsherr“ auf, dem der Ritter seinen „Service d’amour“ abstattete. Ein Liebeskodex voller Subtilitäten, Regeln und Verbote wurde entworfen, der seinen Niederschlag in den Troubadourliedern und -gedichten fand. Streitfragen der Minneerotik wurden diskutiert und höchst plastisch dargestellt. Die aus dem Krieg heimkehrenden Männer erfuhren durch diese Geselligkeit eine sittliche wie ästhetische Bildung, die die Postulate der Ritterethik um die Dimension des Weiblichen und der Kunst erweiterte. Erstmalig fügte sich im Rahmen der „Cours d’amour“ eine geistig-künstlerische Gemeinschaft zwischen Herren, Damen, Höflingen und Dichtern zusammen.

(aus „Europäische Salons“, Verena von der Heyden-Rynsch)

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.